KAPITAL

Schweiz Megaportal: ein bisher geheimes Internet-Projekt der grossen Medienhäuser

EXKLUSIV: Ringier, Edipresse und die SRG verhandeln über eine Annäherung im Online-Bereich. (Deutsche, leicht gekürzte Version)

Seit einigen Monaten schon machen sich die grossen Medienhäuser Gedanken über den Aufbau eines gemeinsamen Megaportals im Internet.

Die Idee besteht darin, eine riesige Website zu schaffen, die die Inhalte der grossen privaten und öffentlich-rechtlichen Medien der welschen Schweiz zusammenführen soll. Das Portal soll Edipresse, Ringier Romandie und dem welschen Radio und Fernsehen als gemeinsame Plattform dienen.

Das Projekt war ursprünglich gesamtschweizerisch und mehrsprachig angelegt. Es umfasste die gesamte SRG sowie Ringier Schweiz, die NZZ und Edipresse.

«Mehrere Deutschschweizer Verlagshäuser sind mit dem Projekt eines gesamtschweizerischen Portals an die SRG gelangt», erklärt Peter Hufschmid, Leiter des SRG-eigenen Internetportals Swissinfo. «Es war auch vorgesehen, mit Edipresse zusammenzuarbeiten. Doch die Direktion der SRG hat im März beschlossen, das Angebot, zumindest vorläufig, abzulehnen.»

Während das gesamtschweizerische Projekt nun also vor sich hin schlummert, sind die Pläne für ein französischsprachiges Portal, das die Inhalte von Ringier Romandie und Edipresse zusammenführen soll, weiter voran geschritten. Die beiden Verlage, die bereits die Westschweizer Presse dominieren, denken ernsthaft über eine Annäherung ihrer Online-Angebote nach.

Beat Lauber, Mitglied der Ringier-Generaldirektion, will demnächst mit Théo Bouchat (Ringier Romandie) und mit Tibère Adler (Edipresse Online) über eine mögliche Zusammenarbeit diskutieren. «Sowohl Ringier als auch Edipresse würden ihre eigenen Websites (webdo und Edicom) behalten und gleichzeitig Ressourcen, Dienstleistungen und eventuell Inhalte gemeinsam nutzen.»

Die geplante Annäherung muss vor dem Hintergrund der Bemühungen von Blue Window in Zürich gesehen werden. Blue Window hat Ende des letzten Jahres die französischsprachige Internetplattform 7sur7 geschaffen, auf der Beiträge mehrerer Westschweizer Zeitungen zusammengefasst werden. Der Dienst wird durch Bannerwerbung finanziert und könnte sich mittelfristig negativ auf die Einnahmen der Zeitungsverlage auswirken.

Beim Westschweizer Fernsehen TSR will man ein gemeinsames Vorgehen nicht ausschliessen. «Alle Inhaltsvermittler müssen sich über das weitere Vorgehen im Online-Bereich Gedanken machen», meint Philippe Mottaz, Informationschef beim Westschweizer Fernsehen. «Es gibt zwei Möglichkeiten: entweder schaut jeder für sich, oder – und das scheint mir eine gute Idee zu sein – man schafft Partnerschaften, und die Beteiligten versuchen, ihre Spezialitäten einzubringen.»

Auch Marco Cattaneo, Leiter von Edipresse Online ist von der Idee überzeugt: «Zur Zeit arbeiten alle Inhaltsanbieter für sich. Ich träume von einer Zusammenarbeit zwischen Spezialisten aus verschiedenen Medien.»

Und wo bleibt da die Pressevielfalt? Peter Hufschmid von der SRG befürchtet negative Reaktionen auf solche Allianzen in der Öffentlichkeit. «Auch wenn die Synergien einleuchten, kann man sich fragen, ob solche Vorhaben politisch klug sind.»

Beat Lauber von Ringier hingegen hat kaum Bedenken. «Ich habe keine Angst vor der Konzentration oder vor Missbrauch des Monopols. Im Internet ist man nie der Grösste, auch nicht wenn man sich zusammenschliesst. Das zeigt auch das Beispiel von AOL-Time Warner.»

Ringier hat übrigens die Hoffnung nicht aufgegeben, dass eines Tages ein grosses Portal für die Deutschschweiz entstehen wird, das die Allianz der TA-Media mit Blue Window konkurrenzieren könnte. Beat Lauber von Ringier: «Wir suchen weiterhin das Gespräch mit der SRG, denn die Idee eines gesamtschweizerischen Projekts bleibt vielversprechend.» Ringier sucht generell Partnerschaften. «Wir sind offen für die Diskussion mit allen grossen Medienprofis, mit der SRG, aber auch mit der NZZ oder Edipresse.

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Übersetzung: Jan Gunz