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Kuffer gegen Chessex – Zwei Leichtgewichte im Ring

Wer sind die beiden Schriftsteller, die sich seit einigen Tagen lautstark in der Westschweizer Presse bekriegen?

Wie zwei Boxer im Ring mit ihren Drohgebärden stehen sich in diesem Match zwei Schriftsteller gegenüber. Jean-Louis Kuffer, Jahrgang 47, Literaturkritiker bei der Lausanner Zeitung 24 Heures und Schriftsteller. Rund zehn Werke sind bisher von ihm erschienen, zuletzt soeben «L’Ambassade du Papillon. Carnets 1993 – 1999», ein Bericht, der u.a. das Verhältnis zu Jacques Chessex protokolliert.

Auf der anderen Seite eben Jacques Chessex, Jahrgang 1934, ehemaliger Gymnasiallehrer, Autor von über 30 Werken, darunter Romane, Gedichte und Essays.

Titelverteidiger Chessex errang nationalen Ruhm, als er 1973 (für den Roman «L’Ogre») den angesehenen Prix Goncourt erhielt. Doch den Goncourt «verdient» man bekanntlich nicht, man holt ihn sich. Erst später erfuhr man, wie Chessex, der von François Nourissier unterstützt wurde, alle seine Kräfte aufwendete, um ans Ziel zu gelangen.

Für mich war «L’Ogre» (auf deutsch ist der preisgekrönte Roman unter dem Titel «Der Menschenfresser» erschienen) nie der geniale Roman seiner Zeit, sondern mit vierzig Jahren Verspätung das calvinistische Pendant zu den frühen Romanen von François Mauriac oder Julien Green. Da ich selbst in jungen Jahren derartigen metaphysischen Masturbationen viel Zeit gewidmet habe, muss ich zugeben, dass Chessex Romane nicht zu meiner Lieblingslektüre gehören.

Das Werk des Herausforderers Jean-Louis Kuffer kenne ich kaum. Doch nach der Lektüre von «L’Ambassade du Papillon. Carnets 1993 – 1999» verspüre ich keine Lust, mit Kuffer nett zu sein. Was gibt es Unanständigeres in der Literatur als seine Freunde zu bedrängen, ihre Schwächen aufzuschreiben, und dies dann mit den Namen der Betroffenen zu veröffentlichen, um sich daran zu weiden?

Das literarische Gewicht der beiden Meister entspricht in etwa dem Niveau der läppischen Auseinandersetzung. Doch zum Glück für unsere Leser taucht alle fünf bis zehn Jahre ein talentierter Schriftsteller auf. Vor einigen Jahren war es Daniel de Roulet. Heute ist es Frédéric Pajak. Und im Gegensatz zu den kleinen Meistern, die sich beim Essen gegenseitig die Wurst ins Gesicht schmeissen, schreiben sie nicht nur gut, sondern sie haben erst noch etwas zu sagen. Weil sie etwas erlebt haben.

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gekürzte Übersetzung von Jan Gunz